UK Würzburg (Bayern): Ethiktag – „Gute Pflege im Alter ist eine Ehrenschuld“ (Prof. Heribert Prantl)

Beim 14. Ethiktag des Uniklinikums Würzburg am 10. Juni 2024 teilte der bekannte Publizist Prof. Heribert Prantl seine Gedanken zur „Kapitalisierung der Medizin“ mit rund 200 Zuhörer*innen.

„In einer Zeit, in der medizinische Fortschritte uns immer neue Möglichkeiten eröffnen, ist es unerlässlich, uns stets an die vier Grundsätze der Medizinethik zu erinnern: Autonomie, Nicht-Schaden, Wohltun und Menschenwürde.“ Mit diesen Worten führte Dr. Tim von Oertzen, Ärztlicher Direktor des UKW, die rund 200 Teilnehmenden in den 14. Ethiktag des Würzburger Großkrankenhauses am 10. Juni 2024 ein. Als Gastredner konnte niemand Geringerer als Prof. Dr. jur. Dr. theol. h.c. Heribert Prantl gewonnen werden.

Gastreferent Prof. Heribert Prantl (4.v.li.) mit – von links – Marcus Huppertz (Pflegedirektor), Prof. Christoph Schimmer, Doris Eyrich, Dr. Elisabeth Jentschke, Dr. Christian Markus (alle vier KEK), PD Dr. Tim von Oertzen (Ärztl. Direktor) und Philip Rieger (Kaufm. Direktor).

Foto: © Helmuth Ziegler / UKW

„Gute Pflege im Alter ist eine Ehrenschuld“

Thema seines Vortrags am UKW war die „Kapitalisierung der Medizin“. Nach seinen Beobachtungen wird im aktuellen Gesundheitssystem Geld zunehmend nicht mehr als Mittel zur Versorgung von Kranken gesehen, sondern die Versorgung als Mittel, um Geld zu verdienen. Im Zusammenhang mit dieser Ökonomisierung richtete er den Scheinwerfer auf viele Fehlentwicklungen, wie zum Beispiel den Preiskampf in der Arzneimittelversorgung, die Krankenhausbudgetierung oder auch den Umgang mit Alter und Demenz. „Eine Gesellschaft ist ‚ver-rückt‘, wenn die Alten nicht mehr in Würde verrückt werden dürfen“, kommentierte Prantl. Vielmehr sei seiner Meinung nach eine bezahlbare und gute Pflege im Alter eine Ehrenschuld der Gesellschaft.

Pflege und Krankheit sind nicht renditefähig

„Es heißt bisweilen noch immer, das Gesundheitswesen leide an einem zu eingeschränkten Wettbewerb. Ich frage mich: Leidet es nicht eher daran, dass es ein Markt ist, an dem zuallererst verdient werden will?“, kritisierte der Publizist. Für ihn ist klar: Pflege und Krankheit sind nicht börsen- und renditefähig, Renditen im zweistelligen Bereich seien nicht vertretbar. „Die Aktivitäten von Private Equity sind Gift für das Gemeingesundheitswesen. Der Verkauf von Krankenhäusern, medizinischen Gesundheitszentren und Arztpraxen an internationale Finanzplayer muss gestoppt werden“, unterstrich Prantl.

Mehr Fürsorge statt Profitdenken ist gefordert

Als Gegenentwurf und Leitlinie kam der Referent mehrfach auf den Artikel 1 des in seinen Augen grandios formulierten Grundgesetzes zurück: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ Damit werde nicht zuletzt ein fürsorgliches Gesundheitssystem gefordert. „Auch eine Rückbesinnung auf den Gemeinwohlgedanken, wie ihn die Bayerische Verfassung mustergültig formuliert, ist hilfreich“, so Prantl. Generell brauche es nach seinen Worten die Auferstehung von Werten wie Nächstenliebe, Geborgenheit, Barmherzigkeit und Vertrauen.

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Über Prof. Dr. jur. Dr. theol. h.c. Heribert Prantl

Dieser war zunächst Richter und Staatsanwalt, bevor er sich dem Journalismus zuwandte. 25 Jahre lang leitete er die Redaktionen Innenpolitik und Meinung der „Süddeutschen Zeitung (SZ)“ und war zudem acht Jahre lang auch Mitglied in deren Chefredaktion. Heute arbeitet er als ständiger Autor und Kolumnist der SZ, verfasst Bücher und fungiert als politischer Kommentator für zahlreiche Medien. Der Honorarprofessor an der Juristischen Fakultät der Universität Bielefeld und Ehrendoktor der Theologie an der Universität Erlangen wurde u.a. mit dem Geschwister-Scholl-Preis, dem Kurt-Tucholsky-Preis, dem Erich-Fromm-Preis und dem Brüder-Grimm-Preis ausgezeichnet.

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