Schweiz: Regierung will Pflegereform nur teilweise umsetzen – SBK und Spitäler protestieren

Die Regierung (Bundesrat) will gesetzlich begrenzte Arbeitszeiten im Pflegebereich einführen. Die Spitäler protestieren. Auch der Berufsverband SBK kritisiert erhebliche Lücken in der verfassungsmässigen Umsetzung der „Pflegeinitiative“.

Der Bundesrat hat kürzlich den Gesetzentwurf für die 2. Etappe der Umsetzung von Art. 117b BV vorgelegt. Der SBK fordert eine vollständige Umsetzung der Pflegeinitiative. Das neue Bundesgesetz zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen und die Regelung der Masterstufe begrüsst der SBK. Dass der Bundesrat darauf verzichtet, die bedarfsgerechte Personalausstattung und die angemessene Finanzierung der Pflegeleistungen sicherzustellen, sei jedoch völlig inakzeptabel. Damit werde dem SBK zufolge der Verfassungsauftrag – die Pflegequalität nachhaltig zu stärken – nicht umgesetzt. Erfreut ist der Berufsverband über die Anpassungen in der Verordnung zum eigenverantwortlichen Bereich und deren Inkraftsetzung zum 1. Juli 2024 (1. Etappe).

„Die Prioritäten liegen auf der Verbesserung der Arbeitsbedingungen, einer bedarfsgerechten Personalausstattung, einer angemessenen Finanzierung der Pflegeleistungen und der Reglementierung der Masterstufe“, so SBK-Geschäftsführerim Yvonne Ribi (Bild) in einer Aussendung.

Und ergänzt: „Eine Pflege von hoher Qualität braucht genügend Personal auf allen Schichten, unabhängig vom Versorgungsbereich“. Zudem müssen zusätzliche Mittel in die Pflege fliessen, damit die Arbeitsbedingungen verbessert und das Personal im Beruf gehalten werden kann. „Es ist für uns unverständlich, dass eine Verbesserung der Finanzierung von Pflegeleistungen nicht angegangen wird“, so die scharfe Kritik.

Aktueller Hintergrund

Derzeit müssen Pflegefachleute bis zu 50 Wochenstunden arbeiten. Das soll künftig nicht mehr erlaubt sein. Das geplante neue Gesetz sieht u.a. vor, dass nur noch 45 Stunden Höchstarbeitszeit erlaubt wären. Die Normalarbeitszeit muss künftig zwischen 38 und 42 Wochenstunden liegen. Diese Obergrenzen sollen laut Regierung die Gesundheit der Pflegefachleute schützen.

Dienstpläne vier Wochen im Voraus

Laut dem Gesetzentwurf müssen die Spitäler künftig die Dienstpläne mindestens vier Wochen im Voraus festlegen. Kurzfristige Anpassungen wären zwar weiterhin möglich, müssten aber mit einem zeitlichen oder finanziellen Ausgleich abgegolten werden. Je kurzfristiger der Arbeitseinsatz ist, desto höher soll der Ausgleich sein.
Der Bundesrat ist sich bewusst, dass er mit dem neuen Gesetz nur einzelne Punkte angehen kann. Deshalb müssen die Arbeitsbedingungen künftig auch mit Gesamtarbeitsverträgen festgelegt werden.

Ausbildungsoffensive startet am 1. Juli

Am 1. Juli treten die ersten Massnahmen zur Erfüllung der Pflegeinitiative in Kraft. Dann startet die Ausbildungsoffensive, die der Bund zusammen mit den Kantonen während acht Jahren mit knapp einer Milliarde Franken finanziert.
Ausserdem können Pflegefachpersonen ab Juli bestimmte Leistungen ohne ärztliche Anordnung zulasten der Sozialversicherungen abrechnen. Es handelt sich um Abklärungen, Beratungen und Koordination sowie die Grundpflege.

Spitäler kritisieren fehlende Finanzierung

Für den Spitalverband >Hplus sind die Vorschläge der Regierung „unausgegoren“. Die Ausbildungsoffensive sei zwar richtig, bringe jedoch in „der vorliegenden Form eine grosse finanzielle Mehrbelastung der Spitäler“.
Ebenso wie der SBK kritisiert der Verband, „dass für keine dieser kostenintensiven Massnahmen eine zusätzliche Finanzierung durch den Gesetzgeber vorgesehen ist“. Zudem würde Hplus zufolge die Arbeitszeitreduktion den Fachkräftemangel weiter verschärfen.
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>zur Reaktion des Berufsverbandes SBK

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